Ein verheerendes Feuer hat am 16. Februar 24 Menschen in Gutwillen bei Kemnat über Nacht obdachlos gemacht. Ihr Zuhause, ein Mehrfamilienhaus in dem Kaufbeurer Ortsteil, ist nur noch eine Ruine und muss komplett saniert werden. Alle Bewohner sind inzwischen bei Freunden, Verwandten, in Ferienwohnungen des benachbarten ABW Fiebig und in Wohnungen der Stadt untergekommen.
Doch sie haben ihre gesamten Habseligkeiten verloren. Weitgehend alles, was sich in den Wohnungen befand – Möbel, Kleidung, Elektrogeräte, Spielzeug – ist durch den Brand und den Löschwasserschaden zerstört oder unbrauchbar geworden. Hier springt die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, ein – mit Soforthilfen von bis zu 1500 Euro können die Betroffenen zumindest einen Teil der wichtigsten Dinge des täglichen Lebens neu beschaffen. Er sei sehr dankbar für die Unterstützung, sagt Richard Sanktjohanser, der mit seiner Frau Christiane und den beiden Kindern, dem dreijährigen Valentin und der erst vier Monate alten Josefina, vorübergehend wieder bei seinen Eltern in Eggenthal eingezogen ist. Den ersten Schrecken habe er zwar überwunden, sagt der 30-Jährige, „es muss ja weitergehen“. Aber vergessen werde er die Unglücksnacht nie. „Als meine Frau an dem Abend gesagt hat, dass es rauchig riecht, habe ich erst den Holzofen in unserer Küche verdächtigt“, erinnert er sich. Doch da sei nichts auffällig gewesen. Als er gerade ins Bett gehen wollte, habe er bemerkt, dass Qualm aus einer Steckdose im Wohnzimmer drang, „und dann habe ich auch schon gesehen, dass nebenan der Stadel brennt“.
Er hat seiner Frau zugerufen, dass sie Valentin wecken soll, das Baby in eine Decke gewickelt und aus dem Haus getragen. Dort hat er die Kleine einer Nachbarin in die Arme gedrückt und die Polizei alarmiert, bevor er noch einmal ins Haus gerannt ist, um ein paar allernötigste Sachen zusammenzupacken. Noch in der Nacht ist die junge Familie zu Sanktjohansers Eltern gefahren. „Es ist schön, dass wir dort bleiben können, das vertraute Umfeld tut uns jetzt gut. Und wir müssen gerade viel mit Versicherungen und Sachverständigen klären. Das geht leichter, wenn die Kinder von Oma und Opa betreut werden und wir ein bisschen Ruhe haben“, sagt der Familienvater. Am 1. Juli können die Vier wieder ein eigenes Reich beziehen. Sie haben ein Reiheneckhaus in Kaufbeuren, wo Sanktjohanser als Maurer arbeitet, gefunden. Christiane Sanktjohanser ist Krankenschwester am Kaufbeurer Klinikum und momentan in Elternzeit. „Wir brauchen praktisch eine komplette Ausstattung. Wenige Monate vor dem Brand hatten wir neue Möbel für Valentins Kinderzimmer und ein neues Sofa gekauft.“ Im ehemaligen Kinderzimmer sei nun die Decke eingestürzt. Auch Sanktjohansers ganzes Werkzeug, das er im Keller gelagert hatte, sei verbrannt. „Nur unsere Eckbank aus Massivholz konnten wir retten. Sie lässt sich wieder aufbereiten“, sagt er.
Wieder aufgebaut werden soll auch das Haus in Gutwillen. Derzeit wird dort aber erst mal aufgeräumt: „Gerüst und Bauzaun um die Brandruine sind Sicherheitsmaßnahmen. Denn es könnten lose Ziegel oder andere beschädigte Teile herunterfallen. Der Zugang ist deshalb auch gesperrt“, erklärt Andreas Beyer, Geschäftsführer der Hausverwaltung Oswald, die das Gebäude betreut. Laut Beyer baue eine Spezialfirma erst den verkohlten Dachstuhl ab, dann werde das Haus provisorisch abgedeckt, damit keine weitere Feuchtigkeit eindringen kann. Der Löschwasserschaden sei ohnehin schon groß. Gleichzeitig werde verbranntes Material entsorgt. Weiter gehe es dann im Inneren, wo der von Feuer und Wasser zerstörte Putz von den Wänden geschlagen, verkohlte Holzböden abgetragen, also alles so weit zurückgebaut werde, bis nichts Verbranntes mehr übrig ist.
Nach diesem ersten Arbeitsabschnitt, der nach Beyers Schätzungen sechs bis acht Wochen dauert, müsse sich erneut ein Gutachter ein Bild von der Brandruine machen, bevor dann mit dem eigentlichen Wiederaufbau begonnen werden kann. Eine Brandsanierungsfirma habe das Gebäude inspiziert und festgestellt, dass eine Kernsanierung nötig ist. Die könne viele Monate dauern. „Einige der bisherigen Bewohner wollen nach der Sanierung wieder einziehen. Wann das möglich sein wird, ist im Moment aber sehr schwer einzuschätzen“, sagt Beyer.
Der Gesamtschaden beträgt laut Polizei über eine Million Euro. Hinweise auf Brandstiftung oder Fahrlässigkeit liegen nicht vor, die Staatsanwaltschaft hat den Brandort freigegeben.
Bei dem verheerenden Feuer in Großkemnat am 16. Februar ist ein Lager komplett abgebrannt. Das Mehrfamilienhaus daneben ist stark beschädigt und aus Sicherheitsgründen eingerüstet worden.