Von Laura Gastl
Idyllisch sieht er aus da, der Bachlauf im Grünen mitten in Dillingen. Ein Geländer aus Metall macht einen Bereich zur Kneippanlage, ein Stück weiter führen zwei Brücken über das schmale Gewässer. Dazwischen: Bänke, Hängematte, Schwingschaukel, Rollstuhlschaukel – und eine Hühnerschaukel im Gehege ein kleines Stück abseits. Darin sind 15 Hühner zu Hause, sieben Wochen alt. Sie runden den neuen Ellinor-Holland-Begegnungsgarten, der direkt im Anschluss an das Caritas-Sozialzentrum in Dillingen entstanden ist, ab.
Es ist eine kleine Parkanlage, die für alle da sein soll. Für Menschen egal welches Alters, welcher Herkunft, mit und ohne Beeinträchtigung. Sie sollen hier zusammenkommen. Der Garten steht jeder und jedem offen, einen Zaun gibt es nicht – abgesehen von dem, der das Hühnergehege eingrenzt. Finanziert wurde das Projekt, das auf 370.000 Euro geschätzt wird, zu einem Großteil von der Kartei der Not. Das Leserhilfswerk unserer Zeitung hat 335.000 Euro beigesteuert. Die Stadt Dillingen übernimmt 15.000 Euro, Caritas Dillingen 20.000 Euro.
Am Donnerstag wurde der Ellinor-Holland-Begegnungsgarten feierlich eingeweiht. Mit dabei war auch Ellinor Scherer. Sie ist Vorsitzende im Kuratorium der Kartei der Not und Tochter von Gründerin Ellinor Holland (1928–2010), der Namensgeberin des Projekts in Dillingen. „Es ist eine großartige Sache ganz im Sinne der Kartei der Not“, sagte Ellinor Scherer bei der Eröffnung. In der neuen Parkanlage stehe das Miteinander der Menschen im Fokus.
Caritas-Vorsitzender Stephan Wolk freute sich in seiner Rede darüber, dass neben dem Bau des erst ein Jahr alten Caritas-Sozialzentrums Am Reitweg nun „der passende Garten“ entstanden ist. Er begrüßte zahlreiche Gäste und bedankte sich bei den Beteiligten, unter anderem beim Architekten Michael Gumpp aus Lutzingen und seinem Team. Mitgewirkt haben auch Studierende der Universität Augsburg, die das Konzept zur Hennen-Haltung entwickelt haben. Die Hühner werden künftig Teil einer tiergestützten Therapie sein. Außerdem sind für die Tiere Patenschaften möglich.
Mit dem Gedanken, eine solche zu übernehmen, spielt Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz. Angesichts der Einweihung des Ellinor-Holland-Begegnungsgartens sprach er von einem „Tag der Freude“ und bedankte sich ausdrücklich bei den Kartei-der-Not-Vertretenden für den stets unbürokratischen und unkomplizierten Einsatz. Als Geschäftsführer des Leserhilfswerks sprach Arnd Hansen von der Philosophie, Menschen in schwierigen Lebenslagen beizustehen. Sei es wie im Fall des Hochwassers von Anfang Juni, nachdem „viele tausend Menschen“ Hilfe von der Kartei erhalten haben. Oder sei es in Form eines Hilfsprojekts, wie es der Begegnungsgarten eines ist. Er hofft, dass unter anderem Betreute der umliegenden Einrichtungen – wie zum Beispiel der Lebenshilfe Dillingen – das Angebot nutzen werden.
Im Anschluss segneten der katholische Diakon Georg Steinmetz und der evangelische Pfarrer Jonathan Launhardt die neue Parkanlage. Dafür schöpften sie in einer kleinen Schale Wasser aus dem Bachlauf und weihten das Gelände. Danach lüfteten die beiden Geistlichen gemeinsam mit Bürgermeister Kunz, Caritas-Vorsitzenden Wolk und Kartei-der-Not-Kuratoriumsvorsitzenden Scherer den hölzernen Bogen, der in den Garten führt. Sie zogen an einem Seil, ein rotes Tuch fiel, und zum Vorschein kam die rote Aufschrift: „Ellinor-Holland-Begegnungsgarten“.
Schließlich gab Dillingens Caritas-Geschäftsführer Alexander Böse noch eine Führung durch die neue Anlage. Eine Besonderheit in dem Garten ist etwa die Schaukel für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer. Sie rollen hinein, werden mit einem Bügel ähnlich wie in einer Achterbahn und mit zusätzlichen Schnallen gesichert. „Wir wollten keinen klassischen Spielplatz“, erklärte Böse. Sondern eine Anlage, die nicht nur Kinder, sondern auch alle anderen nutzen können.
Doch wie kam es überhaupt zur Idee, aus dem Gelände neben dem Caritas-Zentrum etwas zu machen? Alles habe mit einer Herausforderung begonnen, schilderte Böse. Denn auf der Fläche gebe es viel Quellwasser, das es galt, in den Griff zu bekommen. „Stupide ableiten“, das wollte man nicht. Und so kam die Mitarbeiterschaft ins Überlegen, auch ein Weinanbau sei im Gespräch gewesen.
Eins kam zu anderen, und es entwickelte sich nach und nach ein „einzigartiges Zusammenspiel“: ein Begegnungsgarten, in dem das Quellwasser in einen Baulauf mit Kneippanlage mündet, in der Natur und mit Tieren. Auch ein beschatteter Sitzbereich gehört dazu, 32 Personen können sich dort aufhalten. Zur Einweihung standen dort Biertische, doch schon bald soll der Platz mit runden Picknicktischen bestückt werden.