Eine naturbelassene Idylle inmitten eines dicht bebauten Wohngebietes. Platz, viel Platz zum Spielen, Toben, Ausruhen und Lernen. Die Youfarm im Augsburger Stadtteil Pfersee ist für Kinder und Jugendliche wichtiger denn je. Es ist eine seit vielen Jahren bestehende Einrichtung, die immer wieder neue Angebote schafft. Hier hat es sich ein Team von Pädagogen vorgenommen, vor allem Raum für Kreativität und Selbstwirksamkeit zu schaffen: Kinder und Jugendliche erkennen im Umgang mit der Natur, aber auch mit Tieren und im handwerklichen Arbeiten ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Sie werden ganz individuell gefördert. Gerade für Letzteres wächst der Bedarf rasant, sagt Rüdiger von Petersdorff vom Frère-Roger-Kinderzentrum, dem Träger der Youfarm.
So gräbt ein zwölfjähriger Junge an diesem sonnigen Nachmittag zusammen mit einem anderen Bub einen Graben. Konzentriert und begeistert ist er bei der Sache. Was ihn hier auf der Youfarm besonders gefällt? Dass man Freunde findet, sagt er, lächelt und macht sich wieder an die Arbeit, schließlich soll bald Wasser im Graben fließen und den Wasserspielplatz, der über einen tollen Turm verfügt, erweitern. Daneben steht ein Hüttendorf, auch ein Gemüsegarten und ein Niedrigseilgarten gehören zu dem etwa 1,4 Hektar großen Gelände, auf dem natürlich auch Fußball gespielt wird, das aber auch ruhige Ecken für Gespräche bietet. Und wer das Grundstück am Rande abläuft, kann in Quizform sein Wissen zum Klimaschutz testen, ist doch das Kennenlernen und Bewusstwerden von natürlichen Abläufen dem pädagogischen Team ein besonders wichtiges Anliegen.
Der Liebling des Geländes heißt Alma. Ein Glück, dass die sibirische Husky-Hündin so geduldig ist. Ständig will eines der Kinder mit ihr spazieren gehen, sie streicheln, ihre Aufmerksamkeit. Auch ein achtjähriger Junge, der regelmäßig zur Youfarm kommt, begeistert sich für den Hund und verrät, dass man ihm gemeinsam eine Hundehütte bauen möchte. Hin und wieder streife auch eine Katze übers Areal und genieße die Aufmerksamkeit der Kinder. Die Begegnung mit Tieren ist für viele der Kinder und Jugendlichen, die regelmäßig die Youfarm besuchen, wichtig. Tiere hören zu, mit Tieren lernt man Verantwortung zu übernehmen, Tiere beruhigen. Der erfahrene Pädagoge Rüdiger von Petersdorff kann von vielen Beispielen berichten, die alle zeigen, wie positiv Vierbeiner die Entwicklung von Kindern beeinflussen. Er und Teamleiter Frank Helbig wollen es daher auf der Youfarm jetzt mit Schafen versuchen, um das tierpädagogische Arbeiten auszubauen.
Daher entsteht gerade ein etwa 300 Quadratmeter großer Neubau, ein multifunktionases Werk- und Stallgebäude. Er soll unter anderem mehr Raum für das werkstattpädagogische Arbeiten, die Handarbeit mit Naturmaterialien wie eben auch Wolle bieten. Hat man den geschickten Umgang mit Hammer, Säge und Bohrer gelernt, kann man einen Werkzeugführerschein machen. Das neue Gebäude soll aber auch der Herde Schafe einen Unterschlupf bieten. Der Ausbau des pädagogischen Angebots ist auch wichtig, weil nicht nur Kinder und Jugendliche aus der Umgebung die Youfarm besuchen, sondern auch eine heilpädagogische Intensivtagesgruppe dazu gehört. Junge Leute werden dort gefördert, die traumatisiert sind, unter schweren Bindungsstörungen leiden oder starke Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Aber auch Schulen, Kindergärten sowie Kindertagesstätten können ihre Besuche anmelden und das Gelände nutzen.
Die Kartei der Not unterstützt die Youfarm: Schließlich ist es dem von Ellinor Scherer und Alexandra Holland geführten Kuratorium unseres Leserhilfswerkes seit jeher ein besonderes Anliegen, Kinder und Jugendliche in der Region zu unterstützen, die es in ihrer Entwicklung nicht so leicht haben. „Gerade für traumatisierte Kinder ist der Umgang mit Tieren oft der einzige Weg, auf dem sie lernen können, überhaupt wieder Beziehungen aufzunehmen in ihrem späteren Leben“, sagt Arnd Hansen, Geschäftsführer der Kartei der Not.
„Der Bedarf für individuelle und intensive Förderung bei Kindern und Jugendlichen wächst generell ganz massiv“, sagt Pädagoge von Petersdorff. Immer mehr Kinder zeigten ein auffälliges Verhalten, seien hyperaktiv oder ziehen sich zurück. Immer mehr Eltern seien überfordert. In der Youfarm nimmt man sich bewusst Zeit für die Heranwachsenden, erklärt Pädagoge Helbig, der zusammen mit seiner Kollegin Shereen Ohnesorge-Gaa die jungen Leute auf der Youfarm unterstützt. Was man den Kindern vor allem ermöglichen möchte, sind positive Erlebnisse. Ihnen wird aber so wenig wie möglich vorgegeben, sie sollen im praktischen Tun ihre Talente und die Kraft des kreativen Schaffens entdecken. Ehrenamtliche engagieren sich ebenso auf der Youfarm bei der Förderung der jungen Menschen, wer sich einbringen will, ist herzlich willkommen.